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Dienstag, 9. September 2008

Pheen Tiaeh Skeloms Geschichte

Wie alt sie ist, das weiß sie nicht. So alt wie der Wald. So alt wie der Fluss und die Berge. Oder doch gerade geboren, wie der erste Sonnenstrahl beim Morgengrauen? Ihre Seele die eines Kindes. Ungetrübt und verspielt. Voller Ulk und Schabernack einer Art und Weise, die den meisten Menschen fremd ist. Denn wem entlockt es schon ein Lächeln, wenn das Lindenblatt kreiselnd zu Boden schwebt oder der Kolibri spritzend ins Wasser taucht. Sie ist dem Wald verbunden, lebt und atmet mit den uralten Eichenbäumen in den vergessenen Hainen. Dryaden, Feen und Nymphen sind ihre Spielgefährten. Sie ist die Hüter der Tiere, Pflanzen und Feenwesen. Zeitlos lebt sie im Dickicht, verborgen meist in den geheimnisvollen Tiefen der endlosen Wälder.

Doch manchmal dringen Botschaften bis in die fernen Reiche der Feen und Waldgeister. Hin und wieder gibt es Jene unter ihnen, die mit den hastigen, kriegerischen, lauten Völkern Kontakt pflegen. Und so hat sich auch bis in die Abgeschiedenheit der Wälder herumgesprochen, dass im Süden ein Übel schwelt, das dem Leben Feind ist und allen Zauber vergiftet und tötet. Im Rauschen der Blätter liegt leise Trauer, Angst kriecht aus den Schatten und verschleiert die Herzen. Die Wälder sind still geworden. Gespannte Erwartung liegt in der Luft. Die Natur hält den Atem an, denn drohend beginnt sich das Unheil weiter und weiter auszubreiten. Eine bleierne Schwere scheint alle ergriffen zu haben. Wie paralysiert warten sie auf das, was kommen mag. Nur Pheen hält dieses Sich-tot-Stellen nicht aus. Sie zieht aus, verlässt ihre noch sichere Heimat, um in den Süden zu ziehen und dem Bösen zu trotzen. Denn der Hilferuf der dort lebenden Feen und Geister dringt bis in die tiefen Wälder und kündet von Schmerz und Leid.

Und noch etwas treibt sie fort. Eine nie gestandene, doch nicht vergessene Liebe zu einem des hellhäutigen Menschenvolkes. Längst bringen die Vögel ihr keine Nachrichten mehr. Was fliehen kann hat der Gegend den Rücken gekehrt. So muss sie sich denn auf die Suche machen.

http://www.vanaar.net/nimmerlicht/intime.htm

Freitag, 18. Juli 2008

Die Jungfernfahrt der Titanic – Helenas Monolog

Der leise summende Vibrationston des Mobiltelefons ließ mich zusammenzucken. Was, wenn Mitsuhama auch diese Privatnummer herausbekommen hatte, die ich nur sehr wenigen Personen anvertraut hatte? Es war das erste Mal seit ich den Konzern verlassen hatte, dass dieses Fon klingelte. Ich versuchte meinen Atem unter Kontrolle zu bringen und hob ab. Sicherheitshalber meldete ich mich mit Pallas, meinem Namen, den ich von nun an in den Schatten verwenden wollte. Die jungfräuliche griechische Göttin der Klugheit, des Wissens und der weisen Voraussicht schien mir im Moment seltsam trostspendend. Nichts mit Männern am Hut – zumindest für einige Zeit – und ein bisschen Klarheit darüber, was vor mir liegen sollte hätte ich mir auch sehr gewünscht. „Helena?“, fragte eine männliche Stimme am anderen Leitung, in der ich nach längerem Überlegen und einiger Nachhilfe des freundlichen Anrufers Glamour erkannte, einen alten Bekannten. Reichlich kurz angebunden nach all den Jahren nannte er mir den Namen eines Clubs und die Aussicht auf einen Auftrag und schon hatte er sich wieder verabschiedet. Erst dann fiel mir ein, dass er am Telefon immer wenig sprach, aus Angst die Leitung könne abgehört werden. Eine nicht unberechtigte Paranoia, wenn ich so an meine aktuelle Situation dachte. Nun auf jeden Fall war ich doch froh, dieses eine Fon nicht weggeworfen zu haben, denn sonst hätte Glamour wohl kaum den Kontakt zu mir aufnehmen können. Ich beschloss jedoch, mir so bald wie möglich einen Ersatz für das relativ altmodische Ding zu besorgen.

„Hören Sie zu: die Titanic steht unter unserem Schutz und Sie kennen ja die Geschichte von der Kollision mit dem Eisberg. Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, ist bei so prominenter Besetzung immer mit einem Anschlag zu rechnen. Wir brauchen also jemanden der an Board ist und genau das verhindert.“

Ich konnte es kaum fassen. Da machte man sich noch Sorgen um den nächsten bzw. in meinem Fall sogar den ersten Auftrag in den Schatten und schon bekam man einen Anruf von einem alten Freund und drei Tage später wurde man angeheuert um auf der Titanic Sicherheitsdienst zu schieben. Ausnahmsweise schien es das Glück einmal gut mit mir zu meinen, denn auch wenn ich nicht ganz einfach über so einen hübschen Auftrag erfreut gewesen wäre, so hätte ich wohl doch im Augenblick fast jeden Job angenommen, den man mir anbot. Gerade hatte ich meinen Vater aus Griechenland zu mir nach Seattle geholt, was ja sehr harmlos und idyllisch klingt, es aber nicht ist. Bis vor genau einem Monat hatte ich als Geheimagentin Mitsuhamas gearbeitet und einen liebenden Mann gehabt, sowie die gute Hoffnung auf baldigen gemeinsamen Nachwuchs. Dann hatte ich mein Kind verloren, meinen Mann mit einer anderen im Bett erwischt und schließlich Mitsuhama im Nacken sitzen gehabt, weil ich augenscheinlich zu viel wusste und gleichzeitig von zu wenig Nutzen war, als dass man mich einfach ungestört leben lassen konnte. Also hatte man versucht, meinen Vater unter Gewalt zu bekommen. Die genauen Intentionen hinter dieser Handlung sind mir immer noch ein Rätsel, aber ehrlich gesagt habe ich nicht die Lust eines dieser weiteren verborgenen Konzerngeheimnisse zu lüften. Dabei kommt nichts Gutes heraus. Nie. Der Schock, als Rodger mir erzählte sie wären für die Abtreibung meines Kindes verantwortlich sitzt mir jetzt noch in allen Gliedern und der bloße Gedanke daran macht mich zittern vor Wut und Trauer. Das wäre nicht nötig gewesen. Das ist ganz einfach nicht gerecht. Aber was ist schon gerecht.

Jedenfalls war ich untergetaucht in Seattle. Und meinen Vater hatte ich aus Griechenland, meinem Heimatland, zu mir geholt, denn Griechenland war ein zu heißes Pflaster geworden. Auch wenn er darüber nicht sehr glücklich war und außerdem den lieben langen Tag in unserer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung herumsitzen musste, um wie ein gefangener Tiger im Kreis zu laufen, so hätte ich es einfach nicht ertragen, ihn in irgendeiner Gefahr zu wissen. Und schließlich hatte er sich von mir überzeugen lassen, dass es das Beste für ihn war, wenn er sich erst einmal nicht allzu viel blicken ließ. Das war wohl das erste und wahrscheinlich auch einzige Mal in meinem Leben, dass ich konsequent auf meiner Meinung beharrte – sonst bin sehr leicht von etwas zu überzeugen, wenn man es mir einleuchtend erklärt. Zu gutgläubig ja ja, ich weiß und sie ist mir schon oft genug auf den Kopf gekracht diese Gutgläubigkeit.

Ich hatte meinen Vater jedenfalls mit ausreichend japanischen Comics aus dem letzten Jahrhundert versorgt, so dass er sicher ein gutes Jahr lang glücklich und zufrieden wie eine Bisamratte in seinem Nest verbringen konnte und zum kleinen Minimarkt an der Ecke war es auch nicht weit. Um ihn brauchte ich mir also keine Sorgen machen. Vorerst. Nur um unser Budget, das beängstigend geschrumpft war. So war ich auch ausgesprochen froh, als die Yakuza-Mieze – nichts anderes war sie nämlich – uns einen Vorschuss von 2000 Nuyen versprach. Sam tat sowieso nichts anderes als sie die ganze Zeit über den Tisch hinweg lüstern anzustarren, aber dafür erntete er von Nurmi böse Blicke, der in Gegenwart der Lady auf einmal seine Beschützerinstinkte auszufahren schien. Wurde jedesmal hochrot, wenn sie ihn anredete und stammelte unbeholfen vor sich hin. Angeblich war er mal ihr Leibwächter gewesen. Eigentlich komisch. Ich hatte mir unter einem Leibwächter immer eines jener grobgestalteten Cornettos vorgestellt. Super Körper – wenn auch ein bissi zu viel Muskeln für meinen Geschmack - , aber sonst nichts dahinter. Nun so wenig die äußere Beschreibung auf Nurmi zutraf, so wenig hätte ich vorschnell von seiner schüchternen Art auf einen zurückgebliebenen Verstand geschlossen. Aus ihm wurde ich auf jeden Fall nicht ganz schlau. Wenigstens schien er harmlos. Nur er ist einer dieser Typen, wo ich mich wahrscheinlich bis zum letzten Moment fragen werde, ob er mir in einem verlorenen Gefecht den Rücken deckt oder davon läuft. Klingt nicht gerade toll für einen angehenden Auftrag im Team, aber ehrlich gesagt, machte ich mir nicht allzu viele Gedanken. Glamour und Sam waren mit von der Partie und obwohl Sam auf den ersten Blick für einen Fremden sicher nicht vertrauenswürdig aussah, so wusste ich doch, dass man sich im Ernstfall auf ihn verlassen konnte. Und für Glamour galt das gleiche. Mit beiden verband mich eine recht lange Geschichte, auch wenn unsere Beziehung gerade erst nach Jahren wieder aufgewärmt wurde. Mit Sam hatte ich in Tir die Schulbank gedrückt. Er war einer dieser Schüler, die in der Pubertät eine Phase der Rebellion durchmachen und er verursachte so viel Ärger, dass er schließlich von der Schule flog. Im Grunde hatten wir nicht sonderlich viel miteinander zu tun. Im Gegensatz zu ihm war ich immer eine der fleißigeren und ehrgeizigeren Schülerinnen gewesen – wie ja eigentlich anscheinend alle Mädchen in der Schule ehrgeiziger sind als die Jungen. Außerdem hatte ich ihn immer für einen pubertierenden Naivling gehalten. Aber irgendwie hatte er mich doch fasziniert. Von all den ausdruckslosen Gesichtern, die man meistens sehr schnell wieder vergaß hatte er sich zumindest durch einen ganz eigenen Charakter ausgezeichnet, den man einfach nicht vergaß. Und Glamour? Den hatte ich dann auf der Uni getroffen. Um mich nicht nur mit Elektotechnik vollzupauken, hatte ich auf der Geisteswissenschaft Geschichte inskribiert. Ich hatte damals einen ziemlich vollen Tagesplan und gerade zwischen zwei und halb drei rannte ich immer zur Mensa, um dort noch schnell ein Menü zu ergattern, bevor die Küche zugesperrt wurde. Tja und einmal – ich war sehr spät dran - prallte ich dabei voll mit Glamour zusammen, der gerade mit einem Tablett mit Maggi-Suppe und Pommes Frittes raus kam. Ich glaube das war das einzige Mal, dass ich den kultivierten Glamour fluchen hörte, als sich die ganze Suppe samt Pommes auf seinem schicken Outfit verteilte, dem er, wie ich später erfuhr, ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet hatte, weil er sich noch mit einem Mädchen treffen wollte. Ich entschuldigte mich natürlich tausendmal und zu meiner großen Erleichterung nahm er meine Entschädigungseinladung an. Wie ich heute weiß, etwas in dieser Situation normalerweise äußerst untypisches für Glamour.

Nach dem Treffen in dem Nobelrestaurant fuhr ich mit den Öffentlichen ein paar Stationen weiter, um mich mit meinem Vater in einem unserer Lieblingscafes am Hafen zu treffen. Bei Cafe und Kuchen erzählte ich ihm in einer der gemütlich abgeschotteten Nischen von meinem Auftrag. Er gab sich sehr besorgt. Schließlich wusste er ja noch nicht, wie ich bei Mitsuhama mein Geld verdient hatte. In Briefen hatte ich ihm das schwerlich schreiben können und seit unserem Wiedersehen war erst eine Woche vergangen, in der ich mich meist hektisch bemüht hatte, einen Job zu finden. Aber nicht zu unrecht kam seine Besorgnis. Ich hatte mir selbst schon Gedanken gemacht, ob es vielleicht zu gefährlich sei, für die Yakuza zu arbeiten. Schließlich hatten die auch gute Kontakte zu Mitsuhamas Leuten und denen wollte ich ganz sicher nicht über den Weg laufen. Aber schließlich schob ich alle beunruhigenden Möglichkeiten weit von mir. Die Yakuza war schließlich keine Kleinorganisation und ich hatte noch nie von dieser Frau oder Verbindungen der Yakuza zu jener Reederei gehört. Also konnte die Sache schon nicht so heikel sein. Und verdammt – ich brauchte das Geld. Das wurde mir wieder schmerzhaft bewusst, als ich mir wieder mal überlegen musste, ob ich es mir leisten konnte Trinkgeld zu geben oder nicht. Zu unserem Glück sollten wir schon bald von Mey Ling unsere Ausrüstung und damit auch das Geld bekommen.

Die ganzen nächsten Wochen brachten wir damit zu, uns nach Informationen über das Schiff und seine Passagier umzuhören. Ich bedauerte sehr, Rodger nicht zu Rate ziehen zu können. Er hätte uns wahrlich gute Dienste leisten können, denn im Prinzip wussten wir so gut wie gar nichts über das, was uns in genau zwei Wochen konfrontieren würde. Zum Glück kannte Akuma, ein Kumpel von Nurmi einen Decker, der ein paar Dinge für uns aufspüren konnte, aber viel mehr als eine Passagierliste, ein paar Namen und Beschreibungen der berühmtesten Execs und die Pläne von der Titanic konnten wir nicht ergattern. Dann – als wir schon glaubten mit mehr oder weniger leeren Händen an Board gehen zu müssen – trieb der Decker eine Liste mit Namen auf, deren angebliche Träger schon einmal in der Vergangenheit mit der Mafia zu tun gehabt hatten. Und die Mafia war der potentielleste Anschläger, als wichtigster Kontrahent der Yakuza. Immerhin eine kleine Spur. Außerdem hatten wir ja eine Ansprechperson an Bord, einen gewissen Kent Stolt.

Die ganze Zeit über, die wir mit der Planung unseres kleinen Abenteuers zu tun hatten, wurde ich von einem familiären Problem abgelenkt. Meine reizende Mutter nämlich, die sich nie wirklich um mich gekümmert hatte, seit sie erfahren hatte, dass ich eine Elfe war, versuchte nun, in der wirklich denkbar ungünstigsten Situation, mich und meinen Vater zu finden. Sie hatte erfahren, dass wir beide von der Bildfläche verschwunden waren und nichtsahnend davon, dass es dafür einen guten Grund gab und wir jedes Auffallen tunlichst vermeiden wollten, hatte sie anscheinend eine Vermisstenanzeige erstattet – von Mitsuhama unterstützt, die natürlich den Anschein erwecken wollten, als wären sie über mein Verschwinden auch höchst erstaunt. Außerdem liefen in einer normalerweise für Werbepausen vorgesehenen Zeit auf einigen der lokalen Nachrichtensender Bilder von mir und meinem Vater über den Schirm, mit der dringenden Bitte, sich unter einer bestimmten Telefonnummer zu melden, wenn man diese Personen gesehen hätte. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Als ich das erste Mal diese Einschaltung sah, saß ich mit Sam, Glamour und Nurmi in einem kleinen Beisl in der Nähe von Sams Unterkunft, das wir zu unserem Besprechungsort gemacht hatten. Ich fiel fast vom Hocker und konnte wohl einige Minuten gebannt auf mein Bild starren, das da über den Trideoschirm flackerte. Zu meinem großen Glück bemerkte niemand die Bilder und meinen entsetzten Gesichtsausdruck. Ich machte mich so schnell wie möglich von den anderen los und suchte nach der ersten Telefonzelle, um mit zittrigen Fingern die einfache 0910-Nummer zu wählen. Ich hatte Gott sei Dank noch etwas Bares gewechselt, so konnte man nicht einmal versuchen, meine Creds zu mir zurückzuverfolgen. Als sich aber eine unpersönliche Stimme als Officer Donald Trucksy vorstellte, hängte ich rasch den Hörer wieder ein und machte, dass ich von der Telefonzelle verschwand. Mochte sein, dass ich paranoid war, aber meine Mutter – gewöhnt auf die laute Pauke zu schlagen, wenn sie etwas wollte – sollte ganz 100%ig nicht erfahren, wo ich mich aufhielt. Es war sonderbar genug, dass sie plötzliches Interesse an uns verlauten ließ. In den Nachrichten hatte es geheißen, eine nahe Bekannte hätte Anzeige erstattet. Das konnte nur meine Mutter sein, denn sonst konnte niemand vom Verschwinden sowohl meines Vaters, als auch von mir bescheid wissen. Außer Mitsuhama. Aber irgendwie glaubte ich nicht, dass der Konzern hinter der Tatsache stünde, denn der wusste gar nicht von einem möglichen Bekannten meines Vaters und mir. Außerdem trug die Sache die Handschrift meiner Mutter. Kopfschüttelnd sperrte ich die Tür zu meiner Wohnung auf. Sollte ich vor meinem Vater verheimlichen, was ich gesehen hatte und hoffen, dass er – wie es seine Gewohnheit war – den Trideoschirm gleich nach den Simpsons, einer alten Serie, die er heiß liebte, um 15:00 Uhr wieder abschaltete? Ich beschloss nichts zu sagen, was ihn nur unnötig aufbringen und vielleicht zu unüberlegten Taten hinreißen würde. Ich glaube, er hat es nie ganz verkraftet, dass meine Mutter sich damals so plötzlich von uns abwandte. Er hat sie wohl wirklich geliebt, aber ihr war ihre eigene Karriere immer wichtiger gewesen als alles andere und mit einem Elfenbalg wäre sie sicher nicht Botschafterin von Griechenland geworden. Auch wenn sie ausgerechnet in Portland, Tir Tairngire stationiert war. Tja und bevor er glaubte alte Amouren wiederbeleben zu müssen...sicher würden die Nachrichten das Bild nicht länger als drei Tage zeigen, dann würden schon hundert andere Dinge wichtiger sein und mehr Geld bringen. Mit diesem Entschluss betrat ich schließlich das kleine Appartement. Es duftete herrlich nach Béchamelsoße mit geröstetem Speck und Spaghetti, ein Geruch, den ich unter allen anderen unweigerlich herauserkannte. Ich war angenehm überrascht. Es war lange her, dass ich so etwas Gutes gegessen hatte, denn Ju Long war ein noch schlechterer Koch gewesen als ich und ein italienisches Restaurant hatten wir im ganzen Konzernkomplex von Mitsuhama nicht gefunden. Mein Vater hatte diese meine Lieblingsspeise immer gekocht, wenn etwas ganz besonderes passiert war, zu irgendwelchen Abschlüssen, Geburtstagen oder wenn ich ihn während der Studienzeit manchmal in Griechenland auf seiner kleinen Insel besuchen kam. Sonst hatten wir uns eigentlich auch immer nur von Nutrisoy mit reichlich Geschmacksverstärker gelebt, denn natürliche Lebensmittel waren erstens immens teuer und schwer zu bekommen.

Also hatte er noch nichts geahnt dachte ich und steckte – wie ich es als Kind getan hatte – heimlich die Nase um die Türkante um mir eine der Nudeln, die im Sieb über der Abwasch hingen zu stibizen, während mein Vater mit dem Rücken zu mir in der Pfanne mit der Soße rührte. Er tat, als hätte er mich nicht gesehen oder gehört bis ich lachte. Dann drehte er sich um und lächelte mich an. „Du bist also zu Hause. Schön, dann können wir jetzt essen. Du kommst gerade richtig.“ Doch beim Essen wurde er ernst. Er schob mir die Zeitung herüber und dort in einer kleinen Spalte mit Kleinanzeigen prangte wieder dieses Fotos von mir und ihm. Jetzt erkannte ich das meine auch zum ersten Mal deutlicher. Es war schon zu meiner Konzernzeit aufgenommen und offenbar aus einem größeren Bild herausgeschnitten worden, denn ich erkannte noch den Arm, der zärtlich um meiner Schulter lag und wusste, dass das Foto aufgenommen worden war, als ich mit Ju Long an einem unserer freien Tage im Native Indian Central Museum gewesen war. Dort hatten wir uns vor einem nachgestellten Pueblo für den Fotografen positioniert und danach für sündteures Geld dieses Foto erstanden. Wie konnte meine Mutter an das Foto kommen und wie der Konzern? Ich hatte bisher angenommen, dass es in meinem Album klebte, aber vielleicht hatte es ja auch Ju Long behalten. Hatte meine Mutter oder Mitsuhami es von ihm erhalten? Mein Vater hatte mich die ganze Zeit aufmerksam gemustert. „Du hast doch nicht versucht dort anzurufen, oder?“ fragte ich ihn. „Natürlich nicht“ antwortete er mir und erleichtert klappte ich die Zeitung zu und warf sie aufs Sofa neben dem Tisch. „Dann lass uns doch diese Sache vergessen und so tun als wäre nichts passiert.“ Es hatte keinen Sinn jetzt krankhaft Verfolgungswahn zu bekommen. Wir konnten sowieso nichts tun. Später allerdings erzählte ich meinem Vater von dem Foto und was das bedeuten könnte. Ich wollte, dass er wusste, dass er vorsichtig sein musste.

Am Tage X rollte ich dann doch etwas besorgt mit meinem Koffer zum Taxistand. Von meinem Vater hatte ich mich in der Wohnung verabschiedet. Wir hatten beschlossen uns nicht mehr gemeinsam auf der Straße blicken zu lassen. Ich hatte ihm das Versprechen abgenommen äußerst vorsichtig zu sein und als ich nun die Straßen von Seattle unter einem grauen Himmel an mir vorüberziehen sah, wünschte ich mir inbrünstig unser Auftrag würde doch nicht so weit weg führen, wo mir jede Kontrolle über das was hier passieren würde aus den Händen genommen war. Dann schob ich entschlossen alle Sorgen von mir. Mein Vater war ein erwachsener Mann und er konnte auch für sich selbst sorgen, auch wenn er mit Gefahr nicht so sehr vertraut war, wie ich.

Ein frischer kühler Wind blies mir ins Gesicht, als ich über die kurze Rampe an Bord der Titanic trat. Es waren bereits eine Vielzahl von Menschen um uns herum beschäftigt damit, die allerletzten Vorbereitungen zu treffen und eine hektisch-fröhliche Stimmung lag in der Luft, voll mit angespannter Erwartung. Unsere Koffer hatten wir zum Glück abgeben können und so hatten wir nur das Kameraequipement zu tragen. Schwer genug, das ganze. Ich hatte mir zuvor den passenden Chip eingesteckt und schwenkte nun von Zeit zu Zeit die Kamera, um das Treiben einzufangen. Sam krizzelte auf seinem Notizboard und Nurmi hielt mir den Scheinwerfer. Dass er dabei jedes Mal Glamour bei seinen Interviews so blendete, dass er ständig blinzeln musste, fiel ihm dabei anscheinend nicht auf. Eigentlich wunderte ich mich ja darüber, dass Glamour nichts sagte. Es würde doch zu ihm passen, auf einem Band möglichst gut aussehen zu wollen. Aber so wirklich arrogant war er ja doch nie gewesen. Nur übertrieben gepflegt und gestylt. An sich keine schlechte Sache, wenn ein Mann sehr auf sein Äußeres achtet, aber wenn ich mit ihm zusammen bin, habe ich trotzdem jedes Mal etwas Bedenken, ob meine Frisur nicht wieder einmal total verstrubbelt wirkt oder meine Kleidung aussieht, als hätte ich damit geschlafen. Nicht dass das je passiert wäre, aber man wird sich seines Äußeren doch sehr bewusst, wenn man einer so darauf bedachten Person gegenübersteht, noch dazu einem Mann. Sam ist da das absolute Gegenteil. Das notwendigste an Pflege und da hat er ja nicht viel zu tun. Seine Glatze gefiel mir aber doch ganz gut, obwohl ich immer wenn ich ihn ansah, dabei an den letzten Typen aus Mitsuhamazeiten denken musste, mit dem ich einen Auftrag durchgezogen hatte und der danach so vertrottelt versucht hatte mit seinem schmierigen Charme bei mir zu landen. Arrrgh. Scheußlich. Da war mir Sams ruppige Art immer noch lieber.

Wir waren mittlerweile durch die erste Flut an Passagieren gewuzelt worden, die nach ihrem Boarding alle an der Rezeption und damit an uns vorbeidrängten. Ein paar konnten wir abfangen und sie kurz interviewen. Alles sehr aufgetakelte Personen und bei dem ganzen Setting überkam einen doch ein bisschen das Gefühl, jetzt was ganz besonderes durchzuziehen. Obwohl ich normalerweise eine Person bin, die Aufträge nicht mit Vergnügen vermischt, stellte es doch eine große Verlockung dar, mal zu erkunden, was dieser Schipper so zu bieten hatte. Ich hatte mir das alles ja nie leisten können, aber es doch immer wieder sehr nett gefunden den reichen Leuten bei ihren an sich größtenteils auf den Rücken der Millionen anderen, sich unter ihnen befindlichen Personen ausgetragenen Tätigkeiten zuzusehen, ob via Trideo oder wenn ich mal bei den Nobel-Boutiquen und Restaurants vorbeikam, die Mitsuhama für die oberen Schichten und Manager zur Verfügung stellte.

Ein paar von den Leuten kamen schon in der vorgeschriebenen Tracht, die die Menschen um 1912 herum getragen hatten, an. Die Männer in elegant-sportlichen Tweed-Anzügen, die Damen in spitzenbesetzten Miedern oder Corsagen und langen wallenden Röcken. Ich hatte selbst von Mey Ling drei dieser Teile bekommen und schon auf den ersten Blick hatte ich mich gefragt wie um Himmels Willen ich in diesen Dingern nicht auffallen bzw. mich unauffällig bewegen sollte. Aber vielleicht würde ja gar keine Notwendigkeit dazu bestehen.

Besorgt dachte ich an die uns bevorstehende Zeit. Wenig genug hatten wir herausbekommen können über mögliche Gefahren, die uns an Board auflauern könnten und wahrscheinlich würden wir nicht eine ruhige Minute haben. Nun zumindest würde der Anschlag nicht gleich am ersten Tag stattfinden, was uns wenigstens etwas Zeit gab uns umzusehen und vielleicht doch noch in den Genuß des einen oder anderen Luxus zu kommen.

Nachdem alle drei Staffeln an Passagieren an Board gegangen waren konnten wir uns auch endlich kurz in unsere Zimmer zurückziehen. Leider waren die lange nicht so luxuriös, wie ich es vermutet hatte. Ein enger Gang mit einem Kasten und eine Koje mit Bett und Bad. Nicht einmal eine Badewanne gab es. Das würde ich auf See wohl am meisten vermissen und mit diesem lächerlichen Ding von Badeanzug wollte ich mich ganz sicher nicht auf dem Promenadendeck blicken lassen. Ich konnte mir schon jetzt die grinsenden Gesichter meiner drei männlichen Gefährten vorstellen. Nun, wenigstens da würde ich zurückgrinsen können, denn die Anzüge für Männer sahen um keinen Deut besser aus. Ich stellte fest, dass ich mit irgendeiner anderen Tussi im Zimmer sein sollte. Ich überlegte nur kurz, dann fragte ich Sam, ob er was dagegen hätte, wenn ich zu ihm rüber ziehen würde. Ich konnte mir die Antwort eh schon denken, trotzdem war ich erleichtert als er ohne blöden Kommentar außer einem breiten Grinsen nickte und ich meine Koffer samt Ausrüstung und co nach nebenan schleppen konnte. Nicht dass er mir geholfen hätte, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Gentlemen waren heutzutage fast schon zu viel verlangt. Generell. Obwohl ich dagegen sicher nichts einzuwenden gehabt hätte. Ich fand es lächerlich, wenn Feministen auf so kleinen Dingen rumhackten, die der Emanzipation der Frau doch im Prinzip gar nichts brachten. Außer natürlich jemand verband mit diesen altmodischen Männlichkeits-Weiblichkeitsritualen Dinge wie Unterwerfung oder Machtspiele. Nun dagegen hatten aber wohl hoffentlich alle Frauen etwas wirksames, im Notfall eine Ares Pred. Grinsend klopfte ich auf meine Umhängetasche unter der ich meine Waffe spürte und hatte meine hämische Freude daran, über die Vorstellung meiner selbst als tollwütige Kampfemanze zu lachen.

Lange blieben wir nicht in den kleinen muffigen Löchern von Kabinen, sondern das Promenadendeck hatte uns schnell wieder. Diesmal in Abendkleidung. Ich hatte versucht, so gut es ging, das Mieder selbst zu schnüren. Bevor ich Sam darum bat musste schon noch Schlimmeres passieren. Das Ergebnis jedenfalls war höchst unerfreulich. Die ständige steife Haltung war anstrengend, aber wenigstens hatte ich es nicht fest genug schnüren könnten, als dass mir, wie einigen anderen Damen, die mehr Wert auf eine hochgeschnürte Oberweite gelegt hatten, die Luft weggeblieben wäre. Das sah übrigens wirklich zum Teil sehr eindrucksvoll aus – aber nicht nur im positiven Sinne.

Ganz oben am Schiff in so einer Glaspyramide bestaunten wir dann ein Feuerwerk. Vor lauter Schauen vergaß ich glatt zu filmen, aber in dem allgemeinen Durcheinander bekam das wahrscheinlich niemand mit. Dann teilten wir uns auf zwei der besseren Bars auf. Die Kameras ließen wir im Zimmer, denn die sind wirklich schwerer als mein meinen sollte.

Glamour uns ich waren in einer geschmackvoll möblierten kleinen Bar angekommen. Das einzig Störende war die Klavierspielerin, die zu ihren eigenen Akkorden in einem scheußlichen Mezzosopran sang. Wahrscheinlich war ich aber – außer Glamour möchte ich fast raten – die einzige, die nicht an der Musik Gefallen fand, denn die anderen Leute unterhielten sich verständlicherweise am ersten Tag der Reise prächtig und sprachen auch fleißig dem Alkohol zu, der echt rein hier ausgeschenkt wurde. Ich spülte den Bourbon viel zu schnell runter und nach der langen Zeit, die ich jetzt nichts getrunken hatte, spürte ich mir sofort den leichten Schwindel zu Kopf steigen. Trotzdem blieben wir noch ein Weilchen sitzen und quatschten per Zufall ein paar Leute an. Dann, gegen ein Uhr früh machten wir uns auf in unsere Kabinchen. Sam war anscheinend noch nicht da oder schlief schon fest, was ich mir allerdings nur schwer vorstellen konnte. Ich hatte ihn als Nachtmenschen kennengelernt, der die Hälfte der Zeit auf der Schule in Tir auf seinem Pult eingepennt war, weil er wieder bis in die Früh weg gewesen war. Damals hatte er auch mit den Drogen begonnen und ich Schussel war irgendwie als Jugendliche so fasziniert gewesen, dass ich mir von ihm bei einer Party was geschnorrt habe. Tja und seitdem gibt es immer wieder mal Momente, da greife ich gerne zu Rauschmitteln. Zum Beispiel wie die Sache mit Ju Long war und dieser Schlampe von Mitsuhama oder wie Rodger mit erzählt hat dass die mir mein Kind weggenommen haben. Fuck! Ich hasse sie. Und ich werde schon noch einen Weg finden, wie ich ihnen irgendwie weh tun kann. Ein kleiner Stachel im Fleisch von Mitsuhama. Ich weiß ja schließlich genug, was nicht nach außen dringen dürfte. Eigentlich. Resigniert zog ich mir das Mieder vom Körper, der Rock lag schon abgestreift zu meinen Füßen; zu einem Bündel zusammengesunken dort, wo ich aus ihm herausgestiegen war. Etwas verloren betrachtete ich mich im großen Spiegel an meiner Kastentür. Eine schwarzhaarige sehr schlanke Frau lächelte mir desillusioniert aus dem Spiegel entgegen. Die Hoffnung auf ein glückliches Familienleben in der geborgenen Sicherheit eines Megakons lag wohl endgültig hinter mir. Aber nachdem ich nun wusste, wie es dort zuging, war mir ehrlich gesagt auch die Lust darauf vergangen. Doch die neue Ungewissheit, die nun vor mir lag, übte doch eine größere Beunruhigung auf mich aus, als ich mir eingestehen wollte. Tatsache war: ich sehnte mich nach jedem Bisschen Vertrautem, das ich auftreiben konnte. Und so war ich auch sehr froh gewesen – trotz aller bösen Umstände – dass ich jetzt meinen Vater bei mir in Seattle hatte und jetzt im Augenblick bei diesem Auftrag zwei weitere alte Bekannte zufällig dabei waren. Wenn ich mir vorstellte hier mit lauter Fremden an Board zu sein, denen ich von einem Tag auf den anderen auch noch mein Leben anvertrauen müsste...nein. So wenig mich diese Tatsache bei Mitsuhama gestört hatte, kam ich mir doch jetzt verletzlicher vor. Und irgendwie, so komisch der Gedanke war – jetzt hatte ich mehr zu verlieren: meine Freiheit.

Donnerstag, 17. Juli 2008

Die Jungfernfahrt der Titanic

Helenas Telefon klingelte. Wer konnte das denn sein. Hoffentlich Liss, die Hehlerin, welche sie gebeten hatte, sich nach einem Auftrag für sie umzuhören. Eine männliche Stimme begrüßte sie und stellte sich als Glamour vor. Glamour? Ach ja. Sie hatte den überaus gepflegten und auf sein Äußeres bedachten Menschen an der Universität kennengelernt und ihn später gelegentlich bei einigen ihrer Geheimoperationen mit der Yakuza wiedergetroffen. Er schlug im Zusammenhang mit einem möglichen Auftrag ein Treffen in einem der Szene-Clubs vor, wo sie sich am selben Abend wiederfand. Ein bisschen fühlte sie sich in ihrer feinen, aber nichts desto trotz alltäglichen Kleidung fehl am Platz, aber solche Gefühle wurden rasch durch den Schock in den Hintergrund versetzt, den ihr das Eintreten Sams verursachte. Sam! Früher hatte er sich anders genannt, aber außer seinem Namen schien sich auf den ersten Blick nicht viel an ihm verändert zu haben. Immer noch wirkte er leicht zugedröhnt – sie musste ihm allerdings zugestehen, dass er diese Tatsache recht gut verbergen konnte (im Gegensatz übrigens zu ihr, wenn sie der Versuchung nachgab, wieder einmal ein paar von den kleinen runden Tabletten zu schlucken, die ihr immer dieses Hochgefühl verschafften, seit sie zum ersten Mal von jenem Sam in ihrer Schulzeit in Tir eine davon bekommen hatte) – an Höflichkeit hatte er keinen Deut dazugelernt und seine sexuellen Ausschweifungen schienen – so entnahm sie dem kurzen Telefongespräch, das Glamour mit ihm führte - ebenso dem Bild Sams zu entsprechen, das sie in Erinnerung hatte.

Am nächsten Tag war ihre Gruppe um zwei weitere Personen angewachsen. Akuma, ein arroganter Elf, der keinen sehr kooperativen Eindruck auf Helena machte, sie aber mit seinen magischen Fertigkeiten unterstützen wollte und Nurmi, ein etwas schüchtern wirkender Norm, der sich auf den ersten Blick Helenas Augen durch seine Unauffälligkeit auszeichnete.

Bei einem Treffen mit einer Mittelsfrau (der Yakuza) erfuhren sie schließlich mehr über ihren Auftrag. Die Hundai-Reederei, eine Aztech-Tochter, hatte sich zur Aufgabe gemacht, die Titanic nachzubauen, die alsbald ihre Jungfernfahrt antreten sollte. An Bord würden sich eine Vielzahl prominenter Personen befinden – ein lohnendes Ziel für einen Anschlag oder Sabotage durch eine gegnerische Geheimorganisation, wie der Mafia. Ihre Gruppe sollte also als getarntes Sicherheitsteam an Bord gehen und dafür sorgen, dass jeder Versuch in dieser Richtung vereitelt würde. Da alles möglichst originalgetreu nachempfunden sein sollte, würden sie sich eine passende Verkleidung überlegen müssen.

Tage später hatten sie sich geeinigt, als Kamera- und Dokumentationsteam an Board zu gehen. Das hatte den Vorteil, dass sie ohne aufzufallen überall dabeisein konnten und sie ersparten sich lächerliche Performances als Animateure. In der Wäscherei Mei Ling erhielten sie ihre Ausrüstung. Waffen mit Gelgeschossen und Narcojects, denn auffallen durften sie unter keinen Umständen. Diskretion stand bei dem Auftrag im Mittelpunkt. Auch eine Kameraausrüstung, Tarnkleidung und altmodische Salonkleidung waren im Service dabei.

Am Stichtag gingen sie früh an Board. Akuma fehlte. Er hatte irgendeinen Unfall gebaut und lag auf der Intensivstation. Schon am Vortag hatten sie den Kapitän Jonason Meyers, die Sicherheitschefin Donna Ipolito und einige der anderen Offiziere interviewt und die Brücke, die Sicherheitszentrale und den Maschinenraum besichtigt. Außerdem hatten sie durch Akumas Decker eine Passagierliste samt Charakterisierung der wichtigsten medialen Persönlichkeiten und jener Personen, die schon einmal mit der Mafia zu tun gehabt hatten, erhalten. Letzterer waren dies 35, wovon 20 eine nähere Verbindung zu verheimlichen hatten und davon wieder 10 Personen schon ernstere Schwierigkeiten durch ihre Aktivitäten für die Mafia gehabt hatten. Weitere 25 Personen befanden sich mit gefälschten Identitäten am Schiff, das insgesamt 1014 Personen an Board beförderte, davon 360 Angestellte des Personals. Keine leichte Aufgabe, die sie vor sich hatten – auch nicht mit neun anderen Yaks am Schiff, von denen sie aber nur den Namen eines gewissen Kent Stolt hatten.

Mit leichtem Bauchweh quartierte sich Helena von ihrem Zimmer, dass sie mit einer teamfremden Person teilen sollte, zu Sam um, der wegen Akumas Fehlen nun allein eine Kabine für sich hatte. Wenn sie die Videoaufzeichnungen abspielen wollte, dann konnte sie keine Fremde gebrauchen – auch wenn das bedeutete, dass sie im Zimmer neben Sam schlafen musste.

Die ersten Tage verbrachten sie damit ihre Lage zu sondieren – und sich zu alkoholisieren in Nurmis und Sams Fall. Nicht dass Helena von Sam etwas anderes erwartet hätte, aber Nurmi erstaunte sie sehr, als er am nächsten morgen mit einem leichten Kater und Zeichen eines romantischen Intermezzos in ihre Kabine geschlendert kam, wo sie gerade mit Glamour versuchte Sam wiederzubeleben, der zu seinem Glück den Inhalt seines Magens bereits im Badezimmer entleert hatte. Männer?! Dabei hatten sie doch verdammt noch mal mit einem unangenehmen Anschlag zu rechnen, den sie auch noch verhindern sollten.

Während Sam seinen Schweinsbraten verzehrte, um so seine Gesundheit halbwegs wieder herzustellen, machte sich Helena noch einmal an dem Kabel zu schaffen, mit dem sie hoffte, dass es Sam gelingen würde, sich in das Sicherheitssystem des Schiffes einzuschleichen, um einige der Kameras überwachen zu können. Was sie schließlich zustande brachte, erfreute sie keineswegs, doch es musste wohl ihren Bedürfnissen genügen. Außerdem stellte Sams Miene, als er das zusammengelötete Ding sah, eine durchaus befriedigende Entschädigung dar. Trotzdem war sie ein wenig besorgt, als sie ihm das Kabel wenig später im Zimmer eines nichtsahnenden Passagiers, der seinen Schlüssel beim Baden verloren hatte, in seine Buchse einführte, um bei seinem Jargon zu bleiben. Aber anscheinend hatte er zumindest Zugang gefunden, auch wenn er wenig später wieder aus dem Netz geworfen wurde.

Ein Kapitänsdinner, eine Maschinenraumführung und viele unzählige Gespräche mit den Passagieren brachten wenig neue Informationen. Schließlich machte Nurmi sich auf den Weg Kent Stolt ausfindig zu machen, wobei sich herausstellte, dass dieser unter dem fadenscheinigen Vorwand von Krankheit von der Bildfläche verschwunden war. Nachforschungen von Glamour ergaben, dass der arme Kerl um die Ecke gebracht worden war. Diese Information brachte allerdings Glamour etwas in Bedrängnis, der sich die unangenehme Aufmerksamkeit der Sicherheitschefin und des Kapitäns zuzog und nun unter Verdacht stand.

Währenddessen hatte Helena an der Rezeption unter dem Vorwand alte Klassenkameraden ausfindig machen zu wollen, die Türnummern einiger der Personen mit Mafiaverbindung ausfindig machen können. Nicht zufällig lagen die Türen alle nebeneinander und aus ein paar Gesprächen, die sie belauschen konnte, entnahm Helena, dass etwas geplant war, das bald über die Bühne gehen sollte.

Daraufhin versuchte Nurmi – diesmal erfolglos, was vor allem Sam leicht zu verwundern schien – sich an die Ladies der Gesellschaft ranzumachen. Zur selben Zeit war Sam beharrlich dabei sich Mal um Mal von Helena einstöpseln zu lassen, was schließlich dazu führte, dass irgend etwas schief lief und Sam auf einmal bewusstlos vom Bett kippte. Zusammen mit Glamour, der zum Glück gerade ins Zimmer kam, hiefte sie Sam aufs Bett und als sie erfolglos versucht hatten, ihn wiederzubeleben, zogen sie sich resignierend in den Vorraum zurück. Nach zwanzig Minuten erwachte Sam plötzlich, fauchte Helena vergleichenswert kraftlos etwas, das Ähnlichkeiten mit Verpiss dich hatte ins Gesicht und gab dann stammelnd etwas von feindlichen Truppen auf dem Weg aus den Zimmern der Mafiosi von sich. Dann kippte er wieder um.

Zusammen mit Nurmi machte sich Helena auf den Weg zur Brücke. Glamour hatte etwas von mächtigen Feuerelementaren erzählt – was immer das sein mochte, sie wollte keine Bekanntschaft damit machen – und so bewegte sich Helena nur sehr unwillig vorwärts. Doch sie wurden nicht behelligt und fanden – was zu erwarten war – die Tür zur Brücke versperrt. Selbst dem nervös am Magschloss fummelnden Sicherheitsbeamten gelang es nicht, die Tür dazu zu bewegen, sich zu öffnen und so machte sich Helena ratlos wieder auf den Weg zur Kabine, wo sie auf Glamour traf, der sich rührend um den armen armen Sam kümmerte.

….

[leider nie mehr zu Ende gespielt]

Shadowrun once more

Helena Tasaki [Deckname: Pallas]

Geboren: 12.05.2035
Nationalität: Griechisch
Metatypus: Elfe
Mutter: Kassandra Tasaki
Vater: Alexi Tasaki (geborener Juvedas)


Kassandra Tasaki ist Botschafterin der griechischen Nation und lebt mit dem ihr unterstellten niederen Regierungsbeamten Alexi Tasaki zusammen - wechselweise in Athen und Portland. Im August 2034 zeugen sie in Honduras Helena, die am 12. Mai des folgenden Jahres zum Schrecken der Eltern als Elfe auf die Welt kommt. Die Mutter will daraufhin nichts mit dem Kind zu tun haben, um ihre politische Karriere in Griechenland nicht zu gefährden und trennt sich von Alexi, der die Tochter alleine aufzieht. Alexi bleibt seiner Tochter zuliebe in Tir Tairngire, denn er weiß, dass sie in Griechenland, einem sehr rassistischen Land, mit Anfeindungen zu rechnen hätte. Trotz der Zurückweisung des Kindes unterstützt Kassandra Tasaki die Tochter als anonyme Fremde. Sie sorgt dafür, dass Helena einen Platz an einer Eliteschule und später ein Auslandstipendium für die Seattler Universität bekommt. Als Helena mit 18 Jahren zu studieren beginnt, zieht Alexi Tasaki wieder in seine Heimat, wo er einen Posten als Bibliothekar annimmt.

An der Seattler Universität immatrikuliert sich Helena in den Fächern Elektrotechnik und Kultur- und Sozialanthropologie. Sie lebt in einem privaten Studentenheim für die Sprösslinge der oberen Schichten. Dort lernt sie den Japaner Ju-long Feng kennen, der gefördert von Mitsuhama Computer Technologies an der Universität Informatik studiert und sich deshalb verpflichtet hat, nach Beendigung seines Studiums drei Jahre bei Mitsuhama zu arbeiten. Helena wittert ihre Chance, von dem ihr unangenehmen Abhängigkeitsverhältnis zu ihrer unbekannten Mutter wegzukommen. Als Ju-longs Lebensgefährtin und dank ihres ausgezeichneten Notendurchschnitts bewirbt sie sich trotz ihrer Zugehörigkeit zur Metamenschlichkeit erfolgreich bei Mitsuhama. Nachdem sie ihr Studium abgeschlossen hat, übersiedelt sie mit Ju-long auf das Konzerngelände. Helena beginnt als Assistentin in der Abteilung Forschung und Weiterentwicklung im Bereich Elektronik. Sie ist jedoch nicht die geborene Forscherin. Nach einem Jahr wird sie versetzt in die interne Sicherheitsabteilung und ist zuständig für elektronische Überwachungssysteme. Sie hat größtenteils freie Hand und die Arbeit macht ihr Spass. Am Ende ihres dritten Verpflichtungsjahres bekommt sie das Angebot bei Mitsuhama zu bleiben. Es winkt eine Beförderung in die für normale Mitarbeiter etwas diffus wirkende Abteilung für externe Sicherheit. Sie nimmt an, obwohl sie keine Vorstellung davon hat, was sie erwartet, denn sie weiß, dass sie schwanger ist von Ju-long, der bei dem Konzern bleiben möchte.

Helena werden zuerst kleinere Aufgaben überantwortet, die sich im Wesentlichen nicht von den bisherigen unterscheiden. Als man ihr dann mehr Vertrauen entgegenbringt, wird ihr die Möglichkeit eröffnet, bei einer geheimen Spezialeinheit des Konzerns als Elektotechnikerin mitzuarbeiten. Voraussetzung ist, dass sie sich der Implantation von Cyberware unterzieht. Auch diesem Angebot stimmt Helena zu, unter der Bedingung, dass die Operation nach der Geburt ihres Kindes erfolgt. So erfährt Mitsuhama von ihrer Schwangerschaft. Drei Wochen später verliert Helena das Kind.

In einer langwierigen Operation werden ihre metamenschlichen Fähigkeiten aufgepeppt. Das geheime „Sicherheitsteam zur Wahrung der konzerneigenen Interessen“ muss schließlich geheim bleiben und wenn es entdeckt wird möglichst schlagkräftig sein. Bei ihrem nächsten Einsatz kommt Helena erstmals in Kontakt mit der Yakuza. Bei den geheimen Missionen, die meistens dazu gedacht sind, die Kontrahenten Renraku und Fuchi alias Novatech Incorporated noch mehr gegeneinander aufzubringen, indem wohlweislich Spuren des einen in den Angelegenheiten des jeweils anderen hinterlassen werden, spielen die Mittelsmänner der Yakuza eine Schlüsselrolle; vor allem wenn es darum geht, herauszufinden, wann am Besten wo zugeschlagen wird und wie man sich am Besten unbefugten Zutritt verschafft.

Seit Helena das Kind verloren hat und zu Abteilung für externe Sicherheit gewechselt ist, kühlt ihre Beziehung zu Ju-long merklich ab. Er ist dagegen, dass seine Lebensgefährtin sich den Gefahren dieses Jobs unterzieht und wünscht sich eine Mutter für seine zwei Wunschkinder.

Als Helena ihn nach einer gelungenen Geheimoperation mit einer anderen Frau erwischt trennt sie sich endgültig von Ju-long. Nachdem sie nun so auch ihren letzten Kontakt zur offiziellen Welt Mitsuhamas veroren hat – auf den Lohnzetteln scheint sie bis dato ohnehin nur noch als zu unterhaltende Hausfrau auf – könnte man sie eigentlich als konzerninterne Shadowrunnerin bezeichnen. Dass sie nicht des Konzerns verwiesen und tatsächlich nur noch als Shadowrunnerin angeworben wird verdankt sie nur ihrem Wert für den Konzern – denn in dem, was sie tut, ist sie gut – und der Tatsache, dass sie einfach zu viel weiß.

Bei einer ihrer geheimen Unternehmungen begegnet sie über den Trideoschirm dem Runner und Decker Dodger. Dieser erkennt in ihre eine praktische Quelle für Informationen und bemüht sich um eine bessere Beziehung zu Helena. Das schafft er auch, denn nicht nur im Geschäftlichen verstehen sich die beiden sehr gut. Aus der Nutznießerbeziehung wird nach etlichen „Runs“ zusammen und vielen anderen privaten Gesprächen (wenn Dodger es geschafft hat, das an dieser Stelle schwache Sicherheitsnetz Mitsuhamas zu umgehen und sich mit Helenas Telefonleitung zu verbinden) eine gute Freundschaft.

Währenddessen ist Helenas Motivation für Mitsuhama zu arbeiten im Sinken. Sie ist quasi ein Outcast innerhalb des Konzerns und sie wird zum Großteil auch so behandelt. Außerdem merkt sie, dass man ihr immer weniger Vertrauen entgegenbringt und einmal entdeckt sie eine Wanze unter ihrem Bett.

Als Dodger sich eines Tages sehr betrübt bei ihr meldet, um ihr ein neues Geheimnis von Mitsuhama zu melden, ist das nur ein weiterer – nun ja: Schwall, in dem ohnehin schon gefüllten Fass. Und zwar hat Dodger durch einiges an Gestöbere eine medizinische Datenbank gefunden, in der die künstliche Abtreibung des Kindes von Helena Tasaki bestätigt wird. Außerdem erzählt er Helena von einem Anschlag auf einen griechischen Beamten namens Alexi Tasaki, der seither als vermisst gilt.

Alexi ist nach Mitsuhamas Wissen das einzige Wesen, mit dem Helena noch persönlichen Kotakt hat. Als Dodger sie auf die offensichtlichen Schlussfolgerungen hinweist, kommt Helena nicht umhin sich einzugestehen, dass der Konzern dabei ist, ihr jeden Ausweg zu versperren, um – ja was? So viel weiß sie doch auch nicht, oder?

Von Dodger wird sie abgehalten davon, ihre Vorgesetzten direkt zu konfrontieren. Er überzeugt sie davon, dass es das Beste ist, dem Konzern so schnell wie möglich den Rücken zuzukehren und so findet sie sich Tage später mit dem Nötigsten zum Überleben (sprich: ihrer gesamten Ausrüstung – diesem Konzern schenkt sie nichts mehr) in einer vergleichensweise unkomfortablen Mittelschichtwohnung und kurz darauf mit einer gefälschten SIN von Dodger im Flugzeug nach Athen. Sie hegt die Hoffnung, dass Alexi sich auf den Privatbesitz seiner Großeltern auf der kleinen Insel Psara flüchten konnte. Zu ihrer großen Erleichterung ist das tatsächlich der Fall. So viel Aufwand von Seiten des Konzerns wegen eines so kleinen Springers wie ihr hätte sie auch gewundert. Trotzdem ist der Landsitz nach ihrer Flucht von Mitsuhama für Alexi nicht mehr sicher und Vater und Tochter, die immer einen guten Draht zueinander gehabt haben, beschließen vorerst gemeinsam in Seattle unterzutauchen, wo sich zumindest Helena einigermaßen zurecht findet. In Izmir finden sie einen Frachter auf dem Weg nach Seattle und mit Helenas schwindenden Nuyen bezahlen sie die illegale Überfahrt.

In Seattle angekommen versucht Helena leicht verzweifelt an einen Run zu kommen. Dodger ist gerade anderwertig beschäftigt und kann ihr nicht helfen und ihr Vater ist ohnehin noch damit beschäftigt, sich mit seinem neuen Schattendasein in einer Stadt, die dreimal größer ist als sein Heimatstadt, abzufinden.

Freitag, 27. Juni 2008

Larp-Trailer



Der Trailer vom Mysterie-Larp ist fertig :) Und man sieht mich sogar laufen und ritualisieren :D

Kamera: Michael Mrkvicka
Schnitt: Michael Podogil

www.summfilm.at
www.burning-imaginations.at.tc

Donnerstag, 26. Juni 2008

Essential Spells

Letztens im PBM Forum gefunden :)

Dienstag, 6. Mai 2008

"Komm, lass uns spielen..."

Wir waren vor Tagen zu einer Reisegruppe gestoßen. Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe, wie immer. Anfangs machte mir der Dunkelelf Sorgen, der mich - wenn er sich unbemerkt glaubte - mit Blicken aufzuspießen schien. Auch sein Gefährte schien ein finsterer Geselle. Sie hatten aber einen Krieger dabei, der wohl hoch aus dem Norden kommen musste und der mich bald durch seine Aufrichtigkeit und Tapferkeit so überzeugt hatte, dass ich selbst seinen beiden Gefährten zu trauen begann und des Nächtens etwas ruhiger schlief. Schließlich kamen wir nach langer Reise in Federwiesen an. Die Bewohner hatten ein großes Rundschreiben verfasst, das zur Neugründung der Stadt einlud und wir dachten, dass wir bei einer solchen Menschenansammlung vielleicht etwas über die Herkunft des Paladins ausfindig machen könnten. Außerdem wollte ich vorschlagen bei dem Fest einen Segen Torms zu sprechen. Vielleicht ließ sich auch ein Schrein errichten und sich Gläubige für unsere Kirche gewinnen.
Die Ankunft im Dorf war recht überraschend. Zum einen kann wohl von Stadt nicht gesprochen werden. Kaum 30 Seelen scheinen hier zu leben. Zum anderen empfing uns ein arroganter Mann, der offensichtlich von allen verehrt wurde und sich als Priester ausgab, obwohl er keiner war, was das gemeine Volk nicht zu wissen schien. Eine Unmenge an Gästen war angereist, die alle begannen, das kleine Dorf zu erkunden: Söldner, Heiler, Alchimisten, Gelehrte, Krieger und Händler. Es stellte sich heraus, dass es nicht um eine Stadtgründung ging, sondern, dass ein Artefakt gestohlen worden war, das der falsche Priester für ein Jahresritual zu Ehren des Gründers der Stadt, einem bekannten Heiler, benötigte. Der Priester - von den Dorfbewohnern nur Vater genannt - ließ sich von allen huldigen und waltete mit strenger Hand über das kleine Dorf. Bald sollten wir erfahren, dass hier äußerst seltsame Sitten herrschen. Wir wurden Zeuge einer Zwangsheirat, denn offensichtlich dürfen die Bewohner nur innerhalb des Dorfes heiraten und das Dorf nur mit Erlaubnis des "Vaters" verlassen. Ich begann den Verdacht zu hegen, dass jener Priester-Scharlatan hinter dem Verschwinden des Artefakts stecken könnte, zumal sein heiliges Symbol ganz offensichtlich nur ein profaner Gegenstand war. Ich sprach mit der Hauptfrau der Wache, einer ausgedienten alten Kriegerin, die ihr Leben lang nicht aus dem Dorf heraus gekommen war. Dementsprechend gering schätzte ich ihre Erfahrung ein, denn wie sie selbst sagte, gab es noch nie irgendwelche Vorkommnisse im Dorf. Wir teilten eine Mahlzeit, dann zog ich mich wieder zurück. Durch ein paar Höflichkeiten im richtigen Moment gelang es mir schließlich das Rätsel zu lesen, welches die einzige Spur zum Verbleib des Artefakts zu sein schien. "Wer hat einen Hut, aber keinen Kopf und einen Fuß, aber keinen Schuh."
Schnell hatten wir die Lösung: Der Pilz.
Dann begannen sich die Ereignisse zu überstürzen. Leute begannen einzuschlafen und dann zu verschwinden. Ich trommelte unsere Reisegruppe zusammen. Man muss zusammenhalten in schweren Zeiten. Wir erkundeten die Umgebung des Dorfes und bald stießen wir auf einen verzweifelten Dorfbewohner, der seine Tante suchte, die auch zu den Verschwundenen zählte. Nur zu bald sollten wir sie finden, blutüberströmt, zu Füßen einer schrecklichen Kreatur, die sich von den Toten erhoben hatte. Einige der Krieger, die plötzlich anwesend waren streckten die Leiche nieder. Noch nie habe ich einen derartigen Untoten gesehen. Er bewegte sich schnell, viel zu schnell für ein untotes Wesen. Er trug eine Schürze, als wäre er Metzger - oder Wirt. Und tatsächlich: In der Taverne wurde ein neuer Wirt gesucht. Unsere Heilerin verarztete die Frau und ihr Neffe brachte sie in die Stadt zurück. Er versprach aus lauter Dankbarkeit, uns zu helfen und führte uns bald darauf zur Pilzwiese im Wald. Auch Andere hatten sich angeschlossen, als sie merkten, dass wir zielstrebig unterwegs waren und wahrlich, wir konnten ihre Unterstützung brauchen, denn auf der Lichtung wankten einige bleiche Gestalten mit Ketten und rostigen Schwertern, die sich - als sie uns wahrnahmen - zielstrebig auf uns stürzten. Und da - im Gras halb verborgen - lag der Kelch.
Der Nordländer stürzte sich sofort todesmutig in den Kampf, doch die anderen Kämpfer schienen eingeschüchtert von der Horde Untoter, die auf uns zuwankte. Torm um Hilfe anflehend trat ich ihnen entgegen. Mein heiliges Symbol trieb sie zurück, Torm sei Dank! Da fassten auch die Krieger Mut und die Schlacht begann. Morrigain, Göttin des Kriegs war bei uns. Keiner fiel und die Untoten konnten zurückgeschlagen werden. Ich verarztete die Verwundeten, während der Paladin schon den Kelch zurück ins Dorf brachte und dafür eine Belohnung von dem unechten Priester erhielt, die er an einen der Gefährten weitergab.
Zu unserem Unglück begannen immer mehr Leute zu verschwinden, doch einige von ihnen kehrten in einem Steinkreis auf einem Hügel vor der Stadt zurück und erzählten von Träumen in seltsamen Welten. Sie hatten bei ihrer Rückkehr farbige Steine mit. Ich vermutete, dass dies Seelensteine seien, doch als der Heilerin unserer Gruppe dasselbe geschah und ich ihren Stein untersuchte, stellte ich fest, dass es sich nicht um einen magischen Stein handelte.
Von einem Mann, der in der Nähe der Stadt wohnte und mit dem ich ein interessantes Gespräch über seine Nachforschungen und Studien in dieser Gegend führte, erhielt ich eine Karte der Umgebung. Eingezeichnet waren unter anderem ein Friedhof und ein Punkt, der sich "Totes Kreuz" nannte. Wir beschlossen, uns diese Punkte anzusehen und mit einigen der Krieger machten wir uns auf den Weg. Wir mussten dafür an dem Hochplateau vorbei, auf dem nun fast ständig Kämpfe tobten, denn hier war auch der Steinkreis, in dem die Verschwundenen wieder auftauchten und in dessen Umgebung es von Untoten nur so wimmelte.
Ich sprach einen Segen über die Waffen meiner Gefährten und dann wagten wir den Durchbruch. Der Gefährte des Dunkelelfen hatte sich als Träger meiner Ritualutensilien angeboten und wir hasteten zu dem Kreuz. Die Stelle war verlassen und ich spürte keine negative Aura auf dem Gebiet. Doch da gesellte sich ein in eine Robe gekleideter Mann zu uns, der sich als Schmendrik der Zauberlehrling vorstellte. Im gelang es die Fäden der Macht zu verfolgen, die in der Astralwelt wahrzunehmen sind und er führte uns zu einer Stelle im Wald, gleich hinter dem Friedhof. In einem offenen Grab stießen wir auf die entstellte Leiche einer seit Wochen entführten und vermisst geglaubten Dorfbewohnerin. Mit Schmendriks Hilfe konnte ich die Manafäden wahrnehmen. Sie ballten sich über dem Grab mit so ungeheurer Gewalt, dass mit Angst und Bang wurde. Trotzdem bereitete ich ein Ritual vor, das den Fokus zerstören und das Gelände weihen sollte, so dass keine dieser Untoten wieder auferstehen konnten.
Ich zog meinen Ritualkreis und begann mit der Räucherung. Ich spürte die Verbindung zu Torm und die Energie, die sich um den Kreis sammelte und auf das Böse einwirkte. Dieses schien zu pulsieren, wehrte sich mit aller Kraft und stieß mich dann mit solcher Gewalt zurück, dass ich meterweit zurückgeworfen wurde und der Ritualkreis brach.

Als ich mich wieder gefangen hatte drängten meine Gefährten zum Aufbruch. Wir waren mitten im Wald an der Stelle des Übels und hatten kaum Krieger dabei. Die ersten Zombies kamen uns entgegen gewankt. Mit letzter Not schafften wir es an ihnen vorbei. Wir wollten zurück ins Dorf. Ich hatte vor, mich auf die Suche nach anderen Priestern und Magiegelehrten zu machen, mit deren Hilfe ich das Ritual wiederholen wollte. Doch plötzlich wurde mir schwarz vor Augen und ich stürzte zu Boden.
Ich erwachte in einem dunklen Raum. Hinter mir war eine Wand, vor mir öffnete sich ein Durchgang in einen weiteren Raum, dessen Wände mit hunderten von Kerzen gerahmt waren. An der Vorderseite des Raumes stand ein Altar und dahinter das Schrecklichste, was ich je mit eigenen Augen gesehen habe. Ein Dämon, schwarz und groß, mit leuchtend rot glühenden Augen, die wie schwarze Kohlen in einem toten Gesicht zu sitzen schienen, das von zwei riesigen spitzen Hörnern gekrönt war. Es war still. Totenstill. Da tauchte im Raum neben mit die Gestalt einer Frau auf. Sie trug eine große Hellebarde und meinte, sie sei die Schlüsselmeistern und ein Spiel würde nun beginnen. Ich versuchte Torm anzurufen, doch mein Ruf verschallte in der Schwärze der Hölle rings um mich und ich konnte keinen Kontakt herstellen. Sie fegte mein heiliges Symbol mit einem Lachen weg und begann mich zum Altarraum zu drängen. Ich versuchte zurück zu weichen, doch sie drängte mich unerbitterlich weiter. Als ich schließlich gezwungen war, den Raum zu betreten empfingen mich mehrere höllische Gestalten. Riesig, mit fratzenhaften abscheulichen gesichtern und mit Pranken, Krallen und spitzen Waffen. Sie umdrängten mich spöttisch, tranken von meiner Angst. Immer wieder versuchte ich Torm anzurufen, suchte meine Kraft im Glauben. Dann kam ein Mann auf mich zu. Er war in eine graue Kutte gekleidet, deren Kapuze er tief ins Gesicht gezogen hatte und trug einen großen Stab, um den sich eine Schlange wand. Obwohl er nicht groß war, drängt mich seine Aura des Bösen zurück und ließ mich zittern. Mit einer süßlichen Stimme meinte er, er werde jetzt ein Spiel mit mir spielen und ich solle vor Nykoss, seinem Herrn niederknien, dann würde ich vielleicht mein Leben behalten. Ich schloss die Augen, betete verzweifelt und versuchte die Kraft zu fidnen, seinen zwingenden Worten zu widerstehen. Als er merkte, dass ich nicht knieen würde, brüllte er einen Zauber, der mich neiderwarf. Seine Schergen stürzten sich auf mich. Dann ließen sie wieder von mir ab. Doch immer noch gab mir mein Glaube die Kraft zu widerstehen. Ich schleuderte ihnen meine Verachtung entgegen und da begann die Traumwelt zu verblassen und langsam erlangte ich mein Bewusstsein zurück.
Ich erwachte in einem Steinkreis. Als ich mich vorsichtig umblickte, hielt ich den Atem an vor Furcht. Ich war umringt von Untoten, die scheinbar auf meine Ankunft gewartet hatten. Alle Kämpfer waren verschwunden, hatten sich offenbar zurückgezogen. Doch ich spürte wieder die Hand Torms über mir und rief ihn im Gebet um Schutz an. Kurz bevor sie sich auf mich stürzen konnten, sah ich mich plötzlich einem Luftelementar gegenüber, das einen kleinen Gegenstand in meine Hand fallen ließ. Schmendrik, Torm habe ihn gnädig, hatte mir einen Teleport-Spruch geschickt und so gelang es mir, mich den greifenden Armen zu entziehen.
Ich kam gerade rechtzeitig ins Dorf zurück. Der Paladin scharrte die Kämpfer um sich, um die Lichtung auf dem Plateau einzunehmen und zu halten, für den Fall, dass noch mehr Menschen in dem Steinkreis aufwachten. Er wollte mir Zeit schaffen für mein Ritual, doch zu meiner Bestürzung musste ich herausfinden, dass keine Priester in das Dorf gekommen waren. So versammelte ich die Magiekundigen und erklärte ihnen in aller Eile, was ich vor hatte. Im Rücken der Krieger schlichen wir in den Wald zum Friedhof. Auch ein Wandermönch war bei der Gruppe. Er erzählte mir, dass Dämonen nur dort auftauchen, wo großes Unrecht geschehen ist und sie sich kaum vertreiben lassen. Ich verwarf die Hoffnung, dass das Ritual Wirkung haben würde. Willow, eine Träumerin und Waldläuferin hatte inzwischen mehrere der Steine gesammelt. Sie hatte von der Herrin der Schlüssel erfahren und wusste, dass diese Händel abschließen würde im Tausch gegen die Steine.
Ich beschloss mich genauer zu informieren und aus den Schätzen der Bibliothek hatten einige andere Reisende ein Buch der Dämonologie geborgen, in dem wir auch einen Eintrag über Nykoss, den Herrn der Spiele fanden. Er sei in seinem Reich, dem Reich der Träume nicht zu besiegen, sondern müsse herausgelockt werden. Dazu benötigte man aber acht Schlüssel, die zusammengesetzt in einen Schlüsselstein gesetzt werden mussten, mit dessen Hilfe die Pforte zur Traumwelt geöffnet werden konnte. Dazu musste ein Spruch gesprochen werden, der so wie die Schlüssel und der Stein Nykoss und der Herrin der Schlüssel erspielt oder erhandelt werden musste und nur in einem bestimmten Teil der Traumwelt übersetzt werden konnte. Einsatz waren die Steine, die ebenfalls von denTräumern erspielt wurden oder, wenn man höher spielen wollte: Das Leben des Träumers.
Während ich mit einigen Anderen und Schmendrik noch das Buch studierte, machten sich die Träumer auf die Reise, um Steine, Schlüssel und Schriftrolle zu erspielen. Die Krieger bewachten die Schutzlosen und auch ich erhielt meine Leibgarde, denn ich war die Einzige, die das Abschlussritual leiten konnte. So waren mir die Hände gebunden und während die anderen versuchten die Untoten zurück zu schlagen, saß ich am Dorfplatz und lauschte den angereisten Musikern, die trotz der drückenden Stimmung fröhliche Lieder sangen und es tatsächlich schafften, ein wenig Heiterkeit zu verbreiten. Ich war zuvor dem Trunkenbold der Stadt begegnet. Durch einen einfachen Freundschaftszauber hatte ich ihn zu den Schlüsseln befragen können, denn es schien, als sei er durch einen Zufall in seinem Rausch in Nykoss Reich eingedrungen und er hatte einen der Schlüssel an sich gebracht, den er aber wieder an die Schlüsselmeisterin verloren hatte.
Von da an war er allerdings an meiner Seite. Zuerst zeigte er mir die Bibliothek, die wahrlich mit einigen guten Werken bestückt ist. Aber ich hatte nach den Geschehnissen des Tages keine Kraft mehr um zu Lesen und so saßen wir alsbald am Feuer und lauschten Arm in Arm den Musikern. Ohne es zu merkten nahm ich immer wieder einen Schluck aus seiner Flasche, die mit dem stärksten Zeug gefüllt war, das mir je über die Lippen gekommen ist. Erst als der Alkohol zu wirken begann bemerkte ich, was ich getan hatte und hörte bestürzt auf zu trinken. Trotzdem war ich die nächsten Stunden in recht heiterer Laune und torkelte mit dem Trunkenbold umher. Zum Glück sahen mich nur Schmendrik und Willow, die bedacht über meinen Zustand schwiegen. Bis zum Ritual würde ich mich schon erholt haben.
Nach und nach gelang es den Träumern die Schlüssel zu erspielen. Als ich alle zusammen hatte machte ich mich mit Willow an die gefinkelte Aufgabe die einzelnen Teile zusammen zu setzen. Dann hatte der Paladin auch die Schriftrolle ersteigert. Ich betete darum, dass er nicht vor Nykoss knien würde, aber ob er es nicht doch tat, weiß ich nicht.
Schließlich brachen wir spät Nachts auf zum Hochplateau, wo das Ritual stattfinden sollte. Alle Dorfbewohner und Reisenden waren anwesend und umringten mich, als ich begann, den Ritualkreis zu ziehen. Die wenigen Magiebegabten, die anwesen waren stellte ich an die Scheitelpunkte des Ritualkreises. Dann entzündete ich die Kerzen, segnete die Anwesenden und den Kreis und sprach die heiligen Worte. Lange nahm ich mir Zeit die Energien zu sammeln und als ich schließlich den Schlüssel in den Schlüsselstein setzte, spürte ich förmlich die Explosion an Macht, die die Tür zur Traumwelt aufriss und einen Durchgang schuf. Rechts und links des Ritualkreises entzündeten sich Feuersäulen.
Es herrschte gebanntes Schweigen.

In den ersten Minuten waren alle geschockt von dem Bild, das sich uns darbot. Nykoss in all seiner finsteren Größe hatte ein Heer an Untoten um sich gescharrt und erwartete uns zur Endschlacht. Tapfere Männer fielen und rissen Leichen mit sich, die dennoch immer wieder aufstanden, vom Atem des Bösen berührt.
Die Zeit schien still zustehen, eine Ewigkeit tobte der Kampf hin und her und es war schwer zu sagen, wer die Oberhand hatte. Doch schließlich gelang es in einem verzweifelten Ausfall Nykoss zu stürzen und als er gefallen war, war es nicht mehr schwer, die restlichen Untoten dorthin zu schicken, woher sie gekommen waren. Die tobenden Männer und Frauen fielen sich in die Arme, die Heilerinnen versuchten sich um die Verwundeten zu kümmern als die Dorfbewohner und ein Teil der Reisenden sich auf den falschen Priester stürzten, der das Dorf so lange unterdrückt hatte und ihn zu Boden rissen. So würde auch dieses Unrecht gesühnt werden...

[Fotos von mir und Angela Ch. s. Irgendwie Mysterie]