Donnerstag, 17. Juli 2008

Die Jungfernfahrt der Titanic

Helenas Telefon klingelte. Wer konnte das denn sein. Hoffentlich Liss, die Hehlerin, welche sie gebeten hatte, sich nach einem Auftrag für sie umzuhören. Eine männliche Stimme begrüßte sie und stellte sich als Glamour vor. Glamour? Ach ja. Sie hatte den überaus gepflegten und auf sein Äußeres bedachten Menschen an der Universität kennengelernt und ihn später gelegentlich bei einigen ihrer Geheimoperationen mit der Yakuza wiedergetroffen. Er schlug im Zusammenhang mit einem möglichen Auftrag ein Treffen in einem der Szene-Clubs vor, wo sie sich am selben Abend wiederfand. Ein bisschen fühlte sie sich in ihrer feinen, aber nichts desto trotz alltäglichen Kleidung fehl am Platz, aber solche Gefühle wurden rasch durch den Schock in den Hintergrund versetzt, den ihr das Eintreten Sams verursachte. Sam! Früher hatte er sich anders genannt, aber außer seinem Namen schien sich auf den ersten Blick nicht viel an ihm verändert zu haben. Immer noch wirkte er leicht zugedröhnt – sie musste ihm allerdings zugestehen, dass er diese Tatsache recht gut verbergen konnte (im Gegensatz übrigens zu ihr, wenn sie der Versuchung nachgab, wieder einmal ein paar von den kleinen runden Tabletten zu schlucken, die ihr immer dieses Hochgefühl verschafften, seit sie zum ersten Mal von jenem Sam in ihrer Schulzeit in Tir eine davon bekommen hatte) – an Höflichkeit hatte er keinen Deut dazugelernt und seine sexuellen Ausschweifungen schienen – so entnahm sie dem kurzen Telefongespräch, das Glamour mit ihm führte - ebenso dem Bild Sams zu entsprechen, das sie in Erinnerung hatte.

Am nächsten Tag war ihre Gruppe um zwei weitere Personen angewachsen. Akuma, ein arroganter Elf, der keinen sehr kooperativen Eindruck auf Helena machte, sie aber mit seinen magischen Fertigkeiten unterstützen wollte und Nurmi, ein etwas schüchtern wirkender Norm, der sich auf den ersten Blick Helenas Augen durch seine Unauffälligkeit auszeichnete.

Bei einem Treffen mit einer Mittelsfrau (der Yakuza) erfuhren sie schließlich mehr über ihren Auftrag. Die Hundai-Reederei, eine Aztech-Tochter, hatte sich zur Aufgabe gemacht, die Titanic nachzubauen, die alsbald ihre Jungfernfahrt antreten sollte. An Bord würden sich eine Vielzahl prominenter Personen befinden – ein lohnendes Ziel für einen Anschlag oder Sabotage durch eine gegnerische Geheimorganisation, wie der Mafia. Ihre Gruppe sollte also als getarntes Sicherheitsteam an Bord gehen und dafür sorgen, dass jeder Versuch in dieser Richtung vereitelt würde. Da alles möglichst originalgetreu nachempfunden sein sollte, würden sie sich eine passende Verkleidung überlegen müssen.

Tage später hatten sie sich geeinigt, als Kamera- und Dokumentationsteam an Board zu gehen. Das hatte den Vorteil, dass sie ohne aufzufallen überall dabeisein konnten und sie ersparten sich lächerliche Performances als Animateure. In der Wäscherei Mei Ling erhielten sie ihre Ausrüstung. Waffen mit Gelgeschossen und Narcojects, denn auffallen durften sie unter keinen Umständen. Diskretion stand bei dem Auftrag im Mittelpunkt. Auch eine Kameraausrüstung, Tarnkleidung und altmodische Salonkleidung waren im Service dabei.

Am Stichtag gingen sie früh an Board. Akuma fehlte. Er hatte irgendeinen Unfall gebaut und lag auf der Intensivstation. Schon am Vortag hatten sie den Kapitän Jonason Meyers, die Sicherheitschefin Donna Ipolito und einige der anderen Offiziere interviewt und die Brücke, die Sicherheitszentrale und den Maschinenraum besichtigt. Außerdem hatten sie durch Akumas Decker eine Passagierliste samt Charakterisierung der wichtigsten medialen Persönlichkeiten und jener Personen, die schon einmal mit der Mafia zu tun gehabt hatten, erhalten. Letzterer waren dies 35, wovon 20 eine nähere Verbindung zu verheimlichen hatten und davon wieder 10 Personen schon ernstere Schwierigkeiten durch ihre Aktivitäten für die Mafia gehabt hatten. Weitere 25 Personen befanden sich mit gefälschten Identitäten am Schiff, das insgesamt 1014 Personen an Board beförderte, davon 360 Angestellte des Personals. Keine leichte Aufgabe, die sie vor sich hatten – auch nicht mit neun anderen Yaks am Schiff, von denen sie aber nur den Namen eines gewissen Kent Stolt hatten.

Mit leichtem Bauchweh quartierte sich Helena von ihrem Zimmer, dass sie mit einer teamfremden Person teilen sollte, zu Sam um, der wegen Akumas Fehlen nun allein eine Kabine für sich hatte. Wenn sie die Videoaufzeichnungen abspielen wollte, dann konnte sie keine Fremde gebrauchen – auch wenn das bedeutete, dass sie im Zimmer neben Sam schlafen musste.

Die ersten Tage verbrachten sie damit ihre Lage zu sondieren – und sich zu alkoholisieren in Nurmis und Sams Fall. Nicht dass Helena von Sam etwas anderes erwartet hätte, aber Nurmi erstaunte sie sehr, als er am nächsten morgen mit einem leichten Kater und Zeichen eines romantischen Intermezzos in ihre Kabine geschlendert kam, wo sie gerade mit Glamour versuchte Sam wiederzubeleben, der zu seinem Glück den Inhalt seines Magens bereits im Badezimmer entleert hatte. Männer?! Dabei hatten sie doch verdammt noch mal mit einem unangenehmen Anschlag zu rechnen, den sie auch noch verhindern sollten.

Während Sam seinen Schweinsbraten verzehrte, um so seine Gesundheit halbwegs wieder herzustellen, machte sich Helena noch einmal an dem Kabel zu schaffen, mit dem sie hoffte, dass es Sam gelingen würde, sich in das Sicherheitssystem des Schiffes einzuschleichen, um einige der Kameras überwachen zu können. Was sie schließlich zustande brachte, erfreute sie keineswegs, doch es musste wohl ihren Bedürfnissen genügen. Außerdem stellte Sams Miene, als er das zusammengelötete Ding sah, eine durchaus befriedigende Entschädigung dar. Trotzdem war sie ein wenig besorgt, als sie ihm das Kabel wenig später im Zimmer eines nichtsahnenden Passagiers, der seinen Schlüssel beim Baden verloren hatte, in seine Buchse einführte, um bei seinem Jargon zu bleiben. Aber anscheinend hatte er zumindest Zugang gefunden, auch wenn er wenig später wieder aus dem Netz geworfen wurde.

Ein Kapitänsdinner, eine Maschinenraumführung und viele unzählige Gespräche mit den Passagieren brachten wenig neue Informationen. Schließlich machte Nurmi sich auf den Weg Kent Stolt ausfindig zu machen, wobei sich herausstellte, dass dieser unter dem fadenscheinigen Vorwand von Krankheit von der Bildfläche verschwunden war. Nachforschungen von Glamour ergaben, dass der arme Kerl um die Ecke gebracht worden war. Diese Information brachte allerdings Glamour etwas in Bedrängnis, der sich die unangenehme Aufmerksamkeit der Sicherheitschefin und des Kapitäns zuzog und nun unter Verdacht stand.

Währenddessen hatte Helena an der Rezeption unter dem Vorwand alte Klassenkameraden ausfindig machen zu wollen, die Türnummern einiger der Personen mit Mafiaverbindung ausfindig machen können. Nicht zufällig lagen die Türen alle nebeneinander und aus ein paar Gesprächen, die sie belauschen konnte, entnahm Helena, dass etwas geplant war, das bald über die Bühne gehen sollte.

Daraufhin versuchte Nurmi – diesmal erfolglos, was vor allem Sam leicht zu verwundern schien – sich an die Ladies der Gesellschaft ranzumachen. Zur selben Zeit war Sam beharrlich dabei sich Mal um Mal von Helena einstöpseln zu lassen, was schließlich dazu führte, dass irgend etwas schief lief und Sam auf einmal bewusstlos vom Bett kippte. Zusammen mit Glamour, der zum Glück gerade ins Zimmer kam, hiefte sie Sam aufs Bett und als sie erfolglos versucht hatten, ihn wiederzubeleben, zogen sie sich resignierend in den Vorraum zurück. Nach zwanzig Minuten erwachte Sam plötzlich, fauchte Helena vergleichenswert kraftlos etwas, das Ähnlichkeiten mit Verpiss dich hatte ins Gesicht und gab dann stammelnd etwas von feindlichen Truppen auf dem Weg aus den Zimmern der Mafiosi von sich. Dann kippte er wieder um.

Zusammen mit Nurmi machte sich Helena auf den Weg zur Brücke. Glamour hatte etwas von mächtigen Feuerelementaren erzählt – was immer das sein mochte, sie wollte keine Bekanntschaft damit machen – und so bewegte sich Helena nur sehr unwillig vorwärts. Doch sie wurden nicht behelligt und fanden – was zu erwarten war – die Tür zur Brücke versperrt. Selbst dem nervös am Magschloss fummelnden Sicherheitsbeamten gelang es nicht, die Tür dazu zu bewegen, sich zu öffnen und so machte sich Helena ratlos wieder auf den Weg zur Kabine, wo sie auf Glamour traf, der sich rührend um den armen armen Sam kümmerte.

….

[leider nie mehr zu Ende gespielt]

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