Dienstag, 23. Juni 2009

Unterwegs in der Atacamawueste

Der naechste Tag in Santiago brachte Schlechtwetter. In der Frueh hatte ich ein total nettes Fruehstuecksgespaech mit der Hostelbesitzerin. Sie ist Argentinierin, die wegen ihrem Mann, einem Chilenen, nach Santiago gezogen ist. Sie erzaehlte mir von der Mentalitaet der Argentinier und Chileños, wie in Argentinien Paare auf die Ehe vorbereitet werden und der Alkoholproblematik in Chile. Dann gab sie mir noch einige Tipps mit auf den Weg und gegen elf brach ich dann schliesslich auf, um mir vor der Abreise nach Antofagasta noch ein wenig die Stadt anzusehen. Zuerst wollte ich auf den Cerro San Cristobal, einen Huegel mitten in der Stadt, auf dem eine riesige Marienstatue steht und auf die Stadt herunter blickt. Es gibt zwei Funiculars (Aufzuege, Seilbahn) auf den Huegel. Der fuer mich naechste lag am Ende eines huebschen Villenviertels. Ich hatte den Rucksack gleich dabei, weil ich im Anschluss direkt zum Flughafen wollte. Auch wenn er nur 12 Kilo wiegt, so hat er sich auf dem langgezogenen Weg doch recht spuerbar gemacht und umso frustrierter war ich, als ich am Ende vor einem geschlossenen Schalter stand. Keine Infos, aber die Seilbahn offensichtlich nicht in Betrieb. Ich war schon am Ueberlegen ein Taxi zu nehmen, aber dann kam ein kleiner brauner Strassenhund interessiert herbeigewedelt und in seiner Begleitung bin ich dann den ganzen Weg wieder zurueck marschiert. Selbst als wir wieder in belebtere Gegenden und an offensichtlich Angsteinfloessenden anderen Hunden vorbei kamen, die sich hier immer wieder in kleinen Rudeln auf den Strassen tummeln, ist er nicht von meiner Seite gewichen. Nach langem Suchen habe ich dann endlich eine Ubahnstation gefunden und dann hat mich mein kleiner Gefaehrte verlassen um einer anderen netten Dame nachzulaufen :)
Mit der Ubahn bin ich dann richtung Barrio Bellavista gefahren, ein Viertel um die Universitaet, wo sich kleine bunte Lokale und Kuenstlergalerien aneinander reihen und insgesamt eine recht gemuetliche, entspannte Atmosphaere herrscht. Am Weg zum Funicular habe ich dann wieder einen Deutschen getroffen, der zweite auf der Reise. Zusammen haben wir den Funicular, einen uralten Flaschenaufzug hinauf genommen. Oben hat dann der Regen eingesetzt mit einer Heftigkeit, die ich selten in Oesterreich erlebt habe. Die Sicht ueber die Stadt war damit zu vergessen, alles in graue Regenschleier gehuellt. Bei der Statue haben wir dann den naechsten Deutschen getroffen und zusammen haben wir beschlossen vor dem Regen in ein Loakl zu fluechten um etwas zu essen. Die Strassen waren mittlerweile teils geflutet, man musste vom Gehsteig aus einen riesen Sprung machen, um nicht einen halben Meter im Wasser zu stehen. Die Demonstranten, die am Flussufer ihre Zelte aufgeschlagen hatten waren kurz davor, weggespuelt zu werden. Patschenass kam ich zu der Erkenntnis, dass ich doch ein bisschen zu wenig warme Sachen dabei habe. Bibber ist das kalt hier. Von daher war ich nach einem schnellen Junkfood und der freundlichen Verabschiedung von meinen Reisebegleitern froh, in der Ubahn richtung Flughafen zu sitzen.

Der Flug verlief ruhig. Ich hatte gehofft vom Flugzeug aus noch einen Blick auf die Anden werfen zu koennen, aber ganz ungewohnt fuer mich: hier wird es um halb sieben dunkel und man sieht nix mehr :)
Nach zwei Stunden Flug in Antofagasta angekommen gab es einmal ein freudiges Wiedersehen mit David zu feiern. Knappe drei Monate ist er jetzt schon unterwegs, aber trotzdem war es innerhalb kuerzester Zeit so, als haetten wir uns erst gestern gesehen. Sehr erleichtert war ich, als ich dann vor dem frisch polierten roten Mietauto stand und wir ohne lange anstrengende Busfahrten, deren noch genuegend vor uns liegen, in die Stadt fahren konnten. Das Hotel auch angenehm und halbwegs warm. In der Nacht wird es naemlich hier schlagartig seehr kalt und da die meisten Haeuser nicht gedaemmt sind und die Kaelte durch die Schlitze unter den Tueren und Fenstern kriechen kann, ist es auch in den meisten Hostels in der Nacht so kalt, dass man mit der dicken Unterwaesche und Haube und Schal schlafen muss.
Wir sind dann noch richtung Stadt aufgebrochen um was zu essen und auf das Wiedersehen anzustossen. Das erste Mal habe ich also bei Nacht einen Blick auf den Pazifik geworfen und den Wellen gelauscht, die hier hart gegen die Hafenmauer branden. Ein Leuchtturm weiter draussen wirft kreisend sein Licht ueber die dunkle Flaeche des Wassers. Auch die Stadt selbst war noch total belebt, viele Leute auf den Strassen, auch mit kleinen Kindern. An den Strassenraendern Verkaeufer, die vom Gewand, bis zu CDs und Luftballons alles anbieten. Die Haeuser klein und gedrungen, mit Wellblechdaechern und in bunten Farben mit bunten Schildern. Viele Nachtclubs und Puffs hier.

Am naechsten Tag sind wir gleich in der Frueh aufgebrochen in die Wueste. Antofagasta ist umgeben von der Atacama-Wueste, die den ganzen noerdlichen Teil von Chile praegt. Die Atacamawueste ist die trockenste Wueste der Welt. Aufgrund dessen hat man auch die idealen Bedingungen fuer astronomische Beobachtungen und zwei oder drei Observatorien sind hier stationiert. Eines davon, ESO Paranal, das groesste europaeische Observatorium zur Erforschung des suedlichen Sternenhimmels hat einmal im Monat einen "Tag der offenen Tuer", wo es Fuehrungen fuer Touristen gibt. Dahin waren wir also unterwegs. Zwei Stunden mit dem Auto durch die Wueste unter der gnadenlosen Sonne, vorbei an endlosen Bergen aus gelb-braunem Fels und Sand. Am Strassenrand zerschlissene Reifen und Muell, die Strasse endlos flimmernd bis zum Horizont, gerahmt nur von riesigen Werbeplakaten. Trucks unterwegs nach Santiago oder Antofagasta. Endlose Weite. Leere, Trostlosigkeit. Aber faszinierend.
Einen Zwischenstopp haben wir bei der Mano del Desierta eingelegt, einer riesigen Skulptur einer Hand, die zur Haelfte aus dem Wuestenboden ragt, wie um sich nach oben zu kaempfen.

ESO Paranal. Zusammen mit einer Gruppe Astronomie-Studenten aus Yale, die mit ihrem alten, schruligen Professor angereist sind, bekommen wir eine englische Fuehrung durch den Gebaeudekomplex des Observatoriums, stehen vor dem riesigen Spiegelteleskop, das ermoeglicht hat, dass man einige der bahnbrechendsten Erkenntnisse in der Astronomie machen konnte. Am Ende der Fuehrung werden wir noch in das Hotel gefuehrt, in dem die Astronomen residieren und in dem auch die Aufnahmen fuer den letzten James Bond gedreht wurden. Eine Residenz wahrlich, eine gruene Oase mitten in der Wueste. Mit Pool :)

Dann gings zurueck nach Antofagasta, wo wir noch einen gemuetlichen Abend verbracht haben. Am naechsten Tag Shopping. Sonntag und alles hat offen. ICh habe mir noch ein paar warme SAchen zulegen muessen, um der Eiseskaelte hier in der Nacht standhalten zu koennen. Dann gemuetliches Herumliegen an der Stranpromenade. Untertags ist es so warm, dass man in der kurzen Hose herumlaufen kann und ich bin dankbar fuer die Leinenhose, die mir Karma empfohlen hat mitzunehmen ;)
Um vier geht dann unser Bus nach Calama, einem Ort mitten in der Wueste auf mehr als 2000 Metern Hoehe. Die Busse sind super bequem hier, man kann die Lehnen fast waagrecht stellen und gemuetlich schlafen oder sich mit amerikanischen Serien beschallen lassen. Um acht erreichen wir Calama. Davor geht ueber der endlosen Wueste blutig rot die Sonne unter und taucht fuer lange Minuten alles in ein roetlich-blaues Licht.
In Calama finden wir auf Anhieb ein halbwegs sauberes (hier ein wichtiges Kriterium, zusammen mit Warmwasser!) Hostel mit baños compartibles (geteilten Baedern). Kosten hier so zwischen 6.000 und 9.000 chilenische Pesos, also 7-10 Euros pro Nacht. Ein Abendessen in der Stadt, die schon um zehn Uhr fast menschenleer ist, was relativ ungewohnt ist. Wir sind dann auch die letzten Gaeste im Restaurant. Dann zur Gutenacht einen Film mit Scarlett Johannson, was David sehr freut.
Am naechsten Tag finden wir ein suesses kleines Cafe (Cafe Aleman), wo wir Apfelkuchen fruehstuecken und uns dann aufmachen, um die Stadt zu besichtigen. Geschaeftiges Treiben untertags, sowie ein kleiner Strassenmarkt. Wieder bunte Haueser, selbst die schoensten mit Wellblechdaechern, was hier eine gaengige Methode zu sein schein, die Haeuser zu decken.
Um eins steigen wir dann in ein Sammeltaxi, das uns nach Chuquicamata bringt, der groessten Kupfermine der Welt, die ueber 33km lang und mehr als 1km tief ist. Eine sehr freundliche und auch englischsprachige Fuehrerin geleitet uns durch das Minengelaende. Mit von der Partie sind unter anderem zwei nette Franzosen (ein Paerchen), mit denen wir bzw David gleich fleissig Reiseinformationen und Reisetipps austauscht. Mit dem Bus werden wir durch eine verlassene Stadt gekarrt. Die Minenarbeiter sind in die weiter entferntere Stadt Calama uebersiedelt worden, weil die gesundheitlichen Risiken zu hoch sind. Alles ist da und hinter Gittern: Theater, Banken, Kindergaerten, Geschaefte und die Haeuser fuer ca. 20.000 Arbeiter und ihre Familien. Alles steht leer, die Shopschilder schwankend knarrend im Wind, Blaetter und Staub werden vom endlos pfeifenden Wind die verlassenen Strassen hinunter getrieben. Gespenstisch.

Dann fahren wir mit dem Bus weiter zu der Mine. Terrassenfoermig ziehen sich die Trassen Meter um Meter in die Tiefe, riesige mit Schutt beladene Laster rollen schwerfaellig an uns vorbei und stossen gelegentlich schwarze Abgase aus, die einem fast die Sicht nehmen. 33% der Kufervorraete der Welt liegen in Chile und 9% der Kupferertraege werden hier gefoerdert. Auch hier hat die Weltwirtschaftskrise ihre Spuren hinterlassen. Statt um ueber 10 Dollar, liegt der Preis fuer Kupfer jetzt auf wenig mehr als einem Dollar pro Kilo und nur die Ladung von einem von drei Lastern enthaelt tatsaechlich Kupferanteile.
Sprengungen treiben Staubwolken auf, weiss und tief liegt der Abgrund vor uns, der in den naechsten Jahren noch einmal um ein Drittel wachsen soll. Faszinierend.

Verstaubt machen wir uns dann auf den Rueckweg. Ein Eiscafe in dem netten deutschen Cafe geht sich noch aus, dann steigen wir in den Bus nach San Pedro. Das erste Mal auf der Reise sehen wir mehrere Touristen. San Pedro ist ein touristischer Knotenpunkt, von hier aus gibt es viele Touren zu Geysiren, Salzseen und Steinformationen in der Umgebung. Auch San Pedro liegt auf ueber 2000 Metern mitten in der Atacamawueste. Der Ort ist gepraegt von niedrigen Adobehaeuschen. Jedes zweite ist ein Shop oder eine Expedition Agency. Alpaccapullis und Muetzen und Holzschmuck werden verkauft, auf der Strasse draengeln sich Touristen, ein Hostel grenzt an das andere. Englisch, Franzoesisch, Spanisch, alles kann man in der unmittelbaren Umgebung hoeren.
Nach einigem Gustieren finde wir ein sauberes, halbwegs billiges und von mehreren anderen internationalen Reisenden bevoelkertest Hostel (Eden Hostel), wo wir uns einquartieren. Dann spazieren wir durch die schon dunkle, aber gut beleuchtete Stadt und erkundigen uns bei mehreren Agencies nach Touren zu den Geysiren und zum Lago de Uyuni. Hier ist es wieder um eine Spur kaelter als noch in Calama und selbst mit Thermounterwaesche, Pullis, Jacke und Handschuhen ist es nicht unbedingt gemuetlich draussen. Dafuer sieht man einen Sternenhimmel, den man in Oesterreich wahrscheinlich nicht einmal in den dunkelsten Naechten bewundern kann. Die Milchstrasse zieht sich deutlich ueber den Himmel, tausende Sterne erhellen die Nacht. Es soll hier einen Franzosen geben, der sich ein kleines Observatorium eingerichtet hat, den wollen wir in den naechsten Tagen besuchen.
Wir kochen uns selber in der Kueche vom Hostel Essen. Spaghetti mit Tomatensauce, das klassische schelle Essen. Aber gut. Leider wird ob der Kaelte (auch in den Restaurants ist es nie sonderlich warm) immer alles total schnell kalt. Also ein wirklich warmes Essen ist Luxus, de es selten gibt. In einer Bar mit einem offenen Hof, in dem ein riesiges Feuer Waerme spendet, trinken wir dann noch einen Caipirinha und unterhalten uns mit einem britischen Paar, das aus Bolivien kommt und uns Reisetipps fuer dort gibt. Irgendwann werden wir rausgeworfen. Im Hostel gibt es aber noch Scorpion King zum Einschlafen. Ich hab schon lange nicht so viel ferngesehen wie hier...

Ja und da sitze ich nun und schreibe Reisebericht. Der Tag ist wie jeder hier in der Wueste strahlend schoen und heiss. Wir sind heute faul und ich schreibe Bericht. Nachher werden wir wohl noch in die Stadt schauen, aber alles in allem wird es ein ruhiger Tag werden.
Bis daemnaechst...
:)

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